Dienstag, 27. Oktober 2009

Odyssee Visum

Hallo Freunde,

wie angekündigt schreibe ich jetzt häufiger. Diesen Eintrag widme ich ganz der sagen- und grauenhaften Geschichte rund um mein Visum.

Vorwissen:

Das eigentliche Visum hab ich mir ja schon back in Deutschland geholt, brauchte hier noch die "Residence Permit". In Hannover sagte man mir, ich müsse mich mit einem Wisch innerhalb der ersten vier Wochen bei der Ausländerpolizei melden und das wäre alles. Tue ich das nicht, darf ich nicht ausreisen.

Kapitel 1: Vorbereitungen

Nach Eintreffen in Istanbul kam die erste Mail von meiner Uni hier, in der es hieß, dass ich ungefähr zehn verschiedene Dokumente, vier Passbilder und nen Haufen Lira brauche und ich einfach warten soll, bis die Uni die Dokumente bereitstellt.

Knappe 4 Wochen später (kurz vor dem Ablaufen meiner Meldefrist also) und gefühlte drei Myriade Besuche beim guten alten Evren Gonul im International Office der Uni heißt es plötzlich "Du musst dich online für einen Termin anmelden, haben wir doch in der Email geschrieben!" Sehr richtig, außer dass es nie eine Email gab. Doch google und mein türkischer Mitbewohner machtens möglich, dass ich ein Appointment für 15.15 Uhr am 23. Oktober bekam. Der aufmerksame Leser wird feststellen, dass das ja gar nicht so lange her ist...

Kapitel 2: Die Reise

Das alte Istanbul ist erbaut auf sieben Bergen, umschlossen von Wasser - dem Bosporus und dem goldenen Horn. Klingt hübsch, sieht auch gut aus dabei, ist aber elend weit weg. Praktisch, dass die Ausländerbehörde (Yabancilar Sube Müdürlügü) genau dort liegt. Und wenn man mal einen der beiden Busse verpasst, die dorthin fahren, dann wartet man einfach ein halbes Stündchen oder mehr.

Dort angekommen (nach läppischen 45 Minuten Fahrt bei gutem Verkehr, oder auch 90 bei schlechtem...) kann man zuerst mal eines feststellen: NIEMAND spricht dort Englisch. Außer natürlich den anderen armen Affen wie mir, die aber völlig hilf- und nutzlos sind, weil sie selbst nicht mehr wissen als ich.

Kapitel 3: Illusionen

"Wie gut, dass ich ein Appointment habe", dachte ich mir, als ich die lange lange Schlange Schlange im eigentlichen Büro sah. Doch nachdem ich den ersten leeren Blick einer Europäerin auffing und sehen konnte, dass das Herz dieser armen Person nicht nur gebrochen, sondern vorher gefesselt, geknebelt, angespuckt und vergewaltigt worden ist, begann ich zu zweifeln - fragte aber voller Frohmut, "holde Maid, wie lange seid Ihr denn schon hier?". Die Antwort erschütterte mich: "Seit elf Uhr vormittags..." Ich begann zu rechnen und kontrollierte das Ergebnis dreimal, bevor ich es nicht glauben konnte. Viereinhalb Stunden...?!

So stellte sich heraus, dass das komplette System zwei Tage zuvor geändert wurde, die Appointments nutzlos waren und ab 16 Uhr Wartenummern zu ziehen waren.

Das positive: Ich habe eine Menge Leidensgenossen getroffen - eine Polin die in Oxford studiert, einen Satz Türken, ein Paar Deutsche, einen Chinesen. So Leute halt.

Das negative: Ich war um neun wieder zu Hause an diesem Abend. Reisezeit inklusive waren das acht Stunden Zeit, ohne dass ich mein Ziel erreicht habe. Am Montag sollte ich wieder kommen, bezahlen und es abholen. Nun gut.

Kapitel 4: Das Ende

Montag, elf Uhr. Ich mache mich los. Angekommen um zwölf. Taper hoch zum Schalter um zu bezahlen. Lecker lecker Mittagspause bis eins. Achja, ich bin in der Türkei: Zuständigen tauchen auf um zwei. Ich bezahle (135 Tacken, mit Umstellung des Systems wurde auch mal nebenbei der Preis um 50 Schrippen erhöht...), frage wo mein Visum ist. "Komm Morgen wieder". Erstmal nen Kaffee auf den Schock. Achja, ich bin in der Türkei: Todeskaffee aus superkleinen Tassen oder Instantwasserkaffee.
Zeitaufwand für diese Episode: Fünf Stunden.

Kapitel 5: Meine Residence Permit

Heute war's mir dann echt egal. Ich hatte einen Termin um eins, bin aber vorsorglich mal eine halbe Stunde zu spät gekommen, hab mir vorher auf Türkisch ein paar Sätze aufgeschrieben, mit denen ich mich durchfragen kann und BÄM! hat es mich insgesamt zehn Minuten gekostet es rauszuholen.

Nein, Quatsch, es hat trotzdem mehr als drei Stunden gekostet, wobei diesmal der Verkehr der Hauptgrund war, die Wartezeit waren entspannte 45 Minuten.


Mein Résumée:

Bürokratie ist eine Nutte. In der Türkei allerdings noch mehr als in Deutschland. Nun hab ich ein hässlichen und billiges Büchlein. Wow. Glücklich bin dennoch. Es ist endlich vorbei.



Bis zum nächsten mal!

Sonntag, 25. Oktober 2009

Das Leben im allgemeinen...

Tagpost,

zunächst mal: Sorry für die langen Verzögerungen zwischen den Einträgen, ich bin hier immernoch dabei mir einen Alltag aufzubauen zwischen Uni, Stadt, Sport, Musik und Leuten und der Odysee Visum. "Dann starte sowas gar nicht erst" höre ich die lauter werdenden Stimmen rufen, "wenn du es nicht aktuell halten kannst oder willst". Ich schäme mich. Und deswegen schreibe ich morgen gleich nochmal.

Zunächst mal ein Tip vorweg:
Geht niemals zu einem Kuaför in einem Land in dem langa Haare bei Männern nicht üblich sind, wenn ihr eure Haare behalten wollt und ihr den Guten nicht versteht und er euch nicht, selbst wenn ihr im Anfangs Instruktionen von einem Einheimischen geben lasst. Es endet kurz.

Nun aber mal zu meinem Leben hier im allgemeinen:

Nachdem ich nun einen geregelten Stundenplan habe muss ich leider feststellen, dass ich zwar angeblich auf eine Eliteuniversität gehe, die Kurse aber dem nicht so wirklich entsprechen. Mein Fotographieprofessor spricht kaum Englisch und lässt auch nicht zu, dass man schon Vorwissen hat. Er zeigt dir sehr deutlich, für was für einen absoluten Volltrottel er dich hält.
Einzig meine Türkisch-classes machen wirklich Spaß und geben mir das Gefühl wirklich was zu lernen.

Dafür ist das Leben und die Leute hier wirklich den Uniquatsch wert. Ich komme grade von einer Party auf der ich stundenlang mit einem anderen Gitarristen und einem Bassisten gejammt habe, was unglaublich viel Spaß gemacht hat. Hab auch noch mit diversen anderen Leuten gejammt und eine Einladung bekommen habe in einer Band zu spielen. Überhaupt ist die Musikszene hier mächtig im Gange und ich schaue mir jede Woche mindestens eine junge Istanbuler Band an, knüpfe Kontakte und trinke Bier. In meinem Telefonbuch tummeln sich bestimmt zwanzig Nummern von Istanbuler Musikern. Und da ich an meiner Uni das Recordingstudio umsonst benutzen kann wird es demnächst auch zu hörbaren Ergebnissen kommen, denke ich.
Außerdem sind momentan diverse Kunst- und Musikfestivals hier in Istanbul, die ich fleißig besuche und besuchen werde. Am Mittwoch gehts zB zum Jazzfastival mit internationalen Jazzgrößen wie Bossanova.

Zu einem anderen Thema: Der Istanbulmarathon!
Man! Ich kanns nicht anders sagen. Das war unglaublich! Fotos folgen in Kürze, ich befürchte jedoch, dass mein Versuch den Lauf zu filmen ob meiner Lauftechnik gescheitert ist. Da wir aber die ersten zehn Kilometer nur Quatsch gemacht haben (zB allgemeine Verwirrung gestiftet haben als wir an der roten Ampel stehen geblieben sind oder Polizisten gefragt haben, wieviel Maut wir bezahlen müssen um nach Europa einlaufen zu dürfen) und die Polizei mächtig verärgert haben und ich erst die letzen fünf Kilometer wirklich gelaufen bin, gibt es jede Menge (Action-)fotos von uns.
Ich hab deswegen aber auch 1:37 für die Strecke gebraucht. So what, die Aussicht war beeindruckend und wir hatten jede Menge Spaß.

Soweit für diesen Teil, es folgt in Kürze die unglaubliche Geschichte der Jagd nach meinem Visum. Morgen kann ich es abholen (und bezahlen), dann werde ich euch berichten. Seid gespannt!

Grüße aus Istanbul,

MJay from Malta (einer dachte wirklich ich wäre aus Malta, meines Akzentes wegen... Sollte mir das zu denken geben...?)

Montag, 5. Oktober 2009

...und er ist zurück!

Guten Tag, guten Tag!

Ich bin zurück in Istanbul und in der Uni, habe einen sehr entspannenden Trip hinter mir und kämpfe mich nun durch den Unidschungel, inklusive kompletter Kursneuwahlen und Vorbereitungen für den Istanbulmarathon.

Der Ausflug nach Sile war echt bombastisch. Es begann mit einem deutschen Taxifahrer dank dem wir die richtige Bushaltestelle gefunden haben und in einen falschen Bus gestiegen sind. War aber recht angenehm, da ungefähr 70 Leute in dem Bus waren, der für vielleicht 30 bestimmt war und noch im Bus von sich anschreienden Fahrgästen und dem Busfahrer eine Petition für eine neue Buslinie geplant wurde.

In Sile selbst waren wir in eier Herberge 5 Minuten vom Strand entfernt und es war leer! Müll war zwar da, aber Menschen kaum. Also Gitarre, Freunde und das gute alte Efes an den Strand und go! Dann haben sie abends im Dorf extra eins der zwei Restaurants aufgemacht (mit den 5 Leuten die wir waren war das auch schon recht voll dort) und es gab die beste Mussaka meines Lebens. Als ich mir das Rezept geben lassen wollte, dachte die Köchin es sei für eine Freundin von mir (Männer kochen dort eigentlich nicht) und hat mich erstmal derbe ignoriert. Auf den Fotos seht ein wenig davon, weitere folgen in Kürze.






Zurück in Istanbul dann die bittere Wahrheit: Die Organisation der Uni und der Stadt ist echt übel. Nichts funktioniert wie es soll. Oh, du willst mit dem Bus zur Uni fahren und planst dafür großzügigerweise schon mehr als eine Stunde ein? Pech gehabt, der Bus ist so voll, dass du nicht mehr einsteigen kannst und der zweite kommt erst gar nicht. Was, du meinst deine Professoren verstehen wenn du den Raum nicht findest, weil niemand weiß, dass das Kürzel "TBE" für die Anderson Hall steht? Quatsch, Pünktlichkeit ist hier oberste Pflicht!

Das alles klingt frustrierter als ich in Wirklichkeit bin, denn wenn man erstmal damit umzugehen weiß, dass man sich von Planung besser recht schnell verabschiedet, dann ists echt Wahnsinn hier. Die Erasmuspeople, die Leute in der Stadt, die Stadt selbst, das ist echt der Hammer. Selbst für eine Schnapsidee wie beim Istanbulmarathon mitzumachen findet man hier Leute.

Wir werden von Asien nach Europa rennen, durch die ganze Stadt und der Verkehr ist gesperrt. Ich gebe zu, dass ich mir die echte Marathonstrecke spare und die Sissyversion mit 15 km laufe, aber schön wirds dennoch. Berichte und vielleicht sogar Videoaufnahmen werden folgen...

Soweit diesmal, ich muss erstmal mein Leben hier auf die Reihe bekommen, bevor ich wirklich regelmäßig schreiben kann. Aber dann ganz sicher, ich meine, ich bin doch bekannt als zuverlässig und pünktlich bei sowas...

Machts gut und bis zum nächsten Mal,

Alman Ibo